Abstammung
Epps Vorfahren stammten aus dem Allgäu, wo um 1470 erstmals ein Jörg Epp in Auerberg bei Bernbeuren urkundlich als Bauer in Steuerbüchern erwähnt wurde. Der älteste nachweisbare direkte Vorfahr ist der in Stöttwang lebende Bauer Martin Epp († 1690). Dessen Sohn, der Maurermeister Franz Epp (1681-1753), zog um 1714 mit seiner Frau Ursula nach Eberbach am Neckar. Die nachfolgenden vier Generationen waren als Maurer tätig, wobei beginnend mit Epps Urgroßvater Jakob Epp (1755-1822) auch eine künstlerische Begabung auszumachen war, die sich im Nebenberuf Maler oder Tüncher äußerte.
Kindheit
Karl Rudolf Epp wurde am 30. Juni 1834 in Eberbach am Neckar als erster Sohn des Maurer- und Tünchermeisters Johann Jakob Epp (1809-1877) und der Eva Katharina Epp geb. Rottengatter (1806-1858) geboren. Die Familie war kinderreich, die Mutter brachte insgesamt zehn Kinder zur Welt. Die Lebensverhältnisse der Familie waren einfach, gleichwohl kam der junge Rudolf bereits von Kindesbeinen an mit den Gemälden seiner Verwandten in Berührung. Er besuchte die Konfessionsschule in Eberbach und war anschließend zwei Jahre Lehrjunge im elterlichen Betrieb, während er gleichzeitig vielleicht auch noch die Eberbacher Real- und Nachtschule zur Weiterbildung besuchte.
Die Familie erkannte das künstlerische Talent des Erstgeborenen, doch fehlte es zunächst an Mitteln zur Förderung. Weder gab es um 1850 eine Kunsthochschule in Baden, noch verfügte die Familie über ausreichend Geld. Mit der Vermittlung (und wohl auch finanziellen Unterstützung) des Eberbacher Pfarres Landolin Braun kam Rudolf Epp 1851 an die Großherzogliche Zeichenschule im Hessischen Darmstadt, wo er von Carl Ludwig Seeger (1808-1861) unterrichtet wurde. Zu Seegers Unterrichtsmethoden zählten u.a. das perspektivische Abzeichnen von antiken Gips-Plastiken und das Malen im Freien.
Student in Karlsruhe
1854 war bereits der badische Prinzregent Friedrich I. auf Epp aufmerksam geworden und erwarb von diesem in Eberbach ein Bild, später ließ er sich auch von Epp porträtieren. Der Prinzregent gründete ebenfalls 1854 die Kunstschule in Karlsruhe, für die Epp sich umgehend bewarb. Der Prinzregent stellte Epp sogar vom Militärdienst frei, damit dieser sein Studium nicht zu unterbrechen brauchte. In Karlsruhe stand in der Elementarklasse neben theoretischen Vorlesungen das Kopieren von Vorlagenblättern Johann Wilhelm Schirmers (1807-1863) und Proportions- und Figurenstudien bei Ludwig Des Coudres (1820-1863) auf dem Lehrplan. Im weiteren Verlauf des Studiums besuchte Epp die Figurenklasse bei Des Coudres und die Landschaftsklasse bei Schirmer.
Sein Studium musste Epp selbst finanzieren, wofür er ab dem ersten Studienjahr vor allem Kopien von Altmeistergemälden anfertigte und über den Karlsruher Kunstverein verkaufte, der selbst auch Werke von Epp für Verlosungen erwarb. Weitere Einnahmen hatte Epp während seiner Studienzeit aus mehreren Stipendien.
Als der Deutsche Bund 1859 wegen des Sardischen Krieges die Mobilmachung ausrief, wurde Epp als Reservist eingezogen und mit seiner Einheit an den Kaiserstuhl verlegt. Nach sechs Wochen wurde er aufgrund eines großherzoglichen Auftrages zurück nach Karlsruhe berufen, wo er sein Studium beenden konnte. Die letzte Zeit seines Studiums ab etwa 1859 hatte Epp als Meisterschüler ein eigenes Atelier in Karlsruhe. Seine Werke jener Jahre begannen, einen eigenen Stil aufzuweisen. Seine Finanzen reichten aus, um sich Reisen in den Schwarzwald und nach München leisten zu können.
Umzug nach München
1863 übersiedelte Rudolf Epp gemeinsam mit seinem Studienfreund Ludwig Vollmar (1842-1884) in die bayerische Hauptstadt, die als Zentrum der Kunst galt. Dort gab es einen Kunstmarkt mit Galerien und Auktionshäusern, eine staatliche Kunstförderung durch Museumsneubauten und Verkaufsausstellungen sowie eine Menge Fotografen und Publikationen, die die Werke der Künstler verbreiten halfen. Schließlich fanden Maler wie Epp und Vollmer in Oberbayern auch die bäuerlich-ländlichen Motive, die künftig ihr Werk bestimmen würden. Als Startkapital für den Neubeginn wurde beiden Malern 300 Gulden vom Fond für Künste und Wissenschaft des Großherzogtums Baden gewährt.
Gleich nach seiner Übersiedlung nach München wurde Epp Mitglied des dortigen Kunstvereins, dessen Ausstellungen für ihn in seiner frühen Münchner Zeit eine wichtige Absatzmöglichkeit bildeten.
Epp und andere Maler in München ließen sich bevorzugt in der Ludwigsvorstadt bei der Theresienwiese nieder. Hier lebten und arbeiteten Franz von Defregger, Eduard Grützner, Franz von Lenbach, Eduard Schleich und andere, die sich durch den intensiven Austausch und die räumliche Nähe gegenseitig beeinflussten und die Historienmalerei, die Genre- und Landschaftsmalerei sowie Porträts und Tierdarstellungen der „Münchner Schule“ prägten. Vor allem Defregger (1835-1921), der aus Tirol kam und mit dem sich Epp zeitweise das Atelier teilte, wurde zu einem der führenden Köpfe der sich auf die Darstellung von bäuerlichen Lebenswelten konzentrierenden Genremalerei.
In dieser dynamischen Szene fasste Epp rasch Fuß. Seine Genreszenen aus der heilen bäuerlichen Welt bedienten den Geschmack eines bürgerlichen Publikums, das unter dem Tempo der indutrialisierten Welt ächzte und sich mit Motiven aus der guten alten Zeit seine Erinnerungen an eine entschleunigte Welt zurück holte, die noch nicht motorisiert und elektrifiziert war. Neben unzähligen solcher Genrestücke rundete Epp sein Motiv-Portfolio mit sommerlichen Landschaftsszenen aus dem Voralpenraum und mit rührigen Porträts von Kindern und jungen Damen ab. Andere Motivgattungen wie Stillleben oder Aktdarstellungen blieben die Ausnahme. Seine Abnehmer waren meist Privatpersonen oder Händler. Museen und andere Institutionen hielten sich mit dem Erwerb von Epps Genrestücken eher zurück und konzentrierten sich stattdessen auf den Ankauf von Avantgarde, die man in der Münchner Ludwigsvorstadt vergeblich suchte.
Epps Lebensmittelpunkt war ab seinem Umzug nach München die Ludwigsvorstadt, innerhalb derer er mehrmals umzog. Im Münchner Adressbuch von 1864 erscheint der Maler in der Schommergasse 2 (heute: Adolf-Kolping-Straße). 1868 lebte er in der Luitpoldstraße 13. In den Jahren 1870/71 ließen die Tiermaler Anton Braith (1836-1905) und Christian Mali (1832-1906) ein großes Atelierhaus als Hinterhaus der Schwanthalerstraße 22 (erhielt später die eigene Adresse Landwehrstraße 46) bauen, in dem sie sieben befreudeten Malern Ateliers und Wohnraum zur Verfügung stellten. Rudolf Epp arbeitete zeitweise in einem der Ateliers der so genannten „Schwabenburg“ und war 1872 nur einige Häuser weiter in der äußeren Landwehrstraße 10 gemeldet. Im Adressbuch von 1874 erscheint er in der nur wenig davon entfernten Goethetraße 13, 1885 lebte er in der Findlingstraße 28 (heute: Pettenkoferstraße), 1893 in der Heustraße 15a (heute: Paul-Heyse-Straße), zuletzt bis zu seinem Tod in der Lindwurmstraße 42. Alle genannten Adressen befinden sich in einem Abstand von nur wenigen hundert Metern innerhalb der Ludwigsvorstadt.
Das von Braith und Mali erbaute Ateliergebäude in der Landwehrstraße 46 in München, in dem Rudolf Epp zeitweilig sein Atelier hatte. (Abb. in Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach, Sonderheft 1/94)
Internationaler Absatzmarkt
1869 nahm Rudolf Epp an der Ausstellung im Münchner Glaspalast teil, 1873 an der Weltausstellung in Wien. In der Folgezeit konnte er Werke bei großen Ausstellungen in wichtigen deutschen Städten platzieren und war Gast zahlreicher Kunstvereine. Seine Werke wurden nun auch von Kunsthändlern aus den USA erworben, um sie dem dortigen Publikum weiter zu veräußern. Moderne Reproduktionsverfahren taten ihr übriges zur Bekanntheit: Der Fotograf Franz Hanfstaengl gab ein „Rudolf-Epp-Album“ heraus, einzelne Motive fanden als Bildpostkarten (auch im französischen und englischen Sprachraum) Verbreitung, und die illustrierten Blätter für das gebildete bürgerliche Publikum griffen gerne auf Epps rührige Motive zurück.
Während Epps Zeit als bildender Künstler änderte sich schließlich der Zeitgeschmack. Ab den 1880er Jahren wurden vor allem impressionistische Bilder beliebt. Einige der erhaltenen Werke Epps aus jener Zeit zeigen, dass er sich durchaus mit alten Motiven auch an der neuen Maltechnik probiert hat. Allerdings haben sich die Änderungen im Zeitgeschmack nur bedingt auf den Absatz seiner Werke ausgewirkt, so dass sein impressionistischer Ausflug nur Episode blieb. Falls es in seinen späten Jahren überhaupt eine Veränderung in seinem Werk gibt, dann vielleicht die Hinwendung zu städtisch-bürgerlichen Motiven. Statt der Magd erscheint nun öfter das Dienstmädchen, statt der Bauernstube ein bürgerliches Interieur.
Mit einer guten Gesundheit gesegnet, war Epp bis ins Alter als Maler aktiv. Nach dem Tod seiner Malerfreunde Braith und Mali 1905/06 kümmerte er sich außerdem um die Aufbereitung von deren Nachlass im Museum in Biberach an der Riß.
Im Mai 1910 erkrankte Epp an einer schmerzhaften Hautentzündung, die ihn immer mehr ans Bett fesselte und schwächte. Er verstarb am 8. August 1910 in München.
Familie
Rudolf Epp heiratete am 28. Juni 1867 in München Katharina Steibl (1844-1912), die Tochter eines Schneidermeisters. Am 16. Oktober 1868 wurde der Sohn Franz Xaver geboren. 1870 Geburt der Tochter Helene, 1871 Geburt der zweiten Tochter Augusta Anna. 1875 folgte ein zweiter Sohn, Hermann, der jedoch bereits 1879 verstarb.
Helene Epp (1870-1961) heiratete den Allgäuer Käseproduzenten Josef Wiedemann (1867-1957) und zog nach Wangen im Allgäu. Von ihr stammen alle heute lebenden Nachkommen des Malers ab.
Auguste Epp (1871-1945) blieb ledig und erlernte keinen Beruf . Sie galt als „schwermütig“ und lebte im Haushalt der Eltern. Sie diente Rudolf Epp als Modell für verschiedene Porträts und figürliche Darstellungen. Nach dem Tod der Eltern zog sie zu ihrem Bruder Franz, der die Vormundschaft über sie hatte.
Franz Epp (1867-1947) schlug gegen die Vorstellungen der Eltern eine Militärlaufbahn ein. Er machte sich vor allem als Krieger in den Kolonien und Kämpfer im Ersten Weltkrieg einen Namen und wurde 1916 als Franz Ritter von Epp in den persönlichen Adelsstand erhoben. In der Zeit der Weimarer Republik leitete er ein Freikorps. Ab 1928 gehörte er der NSDAP an, deren Reichsstatthalter in Bayern er 1933 wurde und bis Kriegsende blieb. Er starb 1947 in Internierungshaft. Er hinterließ eine uneheliche Tochter, deren Spur sich in der Nachkriegszeit verliert.
Die Schwester von Epps Frau Katharina, Elisabeth Steibl, heiratete in die Münchner Wirtsfamilie Fleischmann. Auch ihre Kinder Franziska („Franzi“) und Rudolf wurden von Epp porträtiert.
Rudolf Epp (obere Reihe, 1. von links) und sein Sohn Franz (obere Reihe, 4. von links) im Kreis der Familie Fleischmann. (Abb. aus dem Besitz der Fam. Fleischmann)
Rudolf Epp (Mitte unten) im Kreis der Familie Fleischmann in Landshut 1898. (Abb. aus dem Besitz der Fam. Fleischmann)
Nachlass
Der künstlerische Nachlass Rudolf Epps wurde am 2. April 1914 bei Hugo Helbing in München versteigert (Nachlassauktion). Zahlreiche Kunstwerke haben sich allerdings noch bei den Nachfahren von Helene Epp und Josef Wiedemann erhalten.
Über den Menschen hinter dem Werk ist dagegen nur wenig bekannt, da sein persönlicher Nachlass verschollen ist. Viele Unterlagen gingen nach dem Tod von Rudolf Epp und seiner Gattin an die Tochter Auguste, die unter der Vormundschaft ihres Bruders stand und im März 1945 verstarb. Ihr Bruder Franz wurde im April 1945 in den Wirren der Endphase des Zweiten Weltkriegs verhaftet und nach Kriegsende sogleich interniert. Franz Epps Villa und sein Besitz wurden beschlagnahmt. Sein Nachlass gelangte an das spätere Institut für Zeitgeschichte in München. In den heute noch erhaltenen Archivalien befindet sich jedoch nur privater Schriftwechsel mit dem Vater aus den Jahren 1904 und 1905, der vor allem von den Kämpfen des Sohnes um die Anerkennung seiner militärischen Laufbahn durch Eltern geprägt ist.
Epps Werke sind auch über seinen Tod hinaus bis in die Gegenwart auf dem Kunstmarkt attraktiv, so dass Epps Name im Kunsthandel präsent blieb, ohne dass man sein Gesamtwerk oder den Menschen hätte greifen können. Das Rudolf-Epp-Forum erstellt deswegen seit 2004 ein umfassendes Werkverzeichnis des Malers, in dem inzwischen etwa 500 Werke im Bild dargestellt sind. 2018 fand im Museum der Stadt Eberbach eine umfassende Werkschau statt.
Literatur zur Biografie:
* Walter Kremnitz: Der Maler Rudolf Epp (1834-1910), in: Eberbacher Geschichtsblatt 62 (1963), S. 4-8.
* Oskar Kilian: Aus der Geschichte der Familie Epp, in: Eberbacher Geschichtsblatt 62 (1963), S. 8-17.
* Lena Berkler und Sigrun Paas: Rudolf Epp (1834 Eberbach – München 1910) Leben und Werk, in Museum der Stadt Eberbach (Hrsg.): Rudolf Epp. Leben und Werk. Kat. Ausst., Eberbach 2018, S. 10-39.
* Gerhard Rohr: Stammbaum der Sippe Epp, in Museum der Stadt Eberbach (Hrsg.): Rudolf Epp. Leben und Werk. Kat. Ausst., Eberbach 2018, S. 40-50.
Literatur zur „Schwabenburg“ in der Ludwigsvorstadt:
* Monika Machniki: Das Haus Landwehrstraße 46 in München, die „Schwabenburg“, und die Übertragung der Braith- und Mali-Ateliers nach Biberach, in: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach, Sonderheft 1/94, S. 13-20.
Quellen zu Meldeadressen: